Spiky, die Müllabfuhr und der unsichtbare Feind

Angst - Wachstum - Chance - unsichtbarer Feind - Perfektionismus

Spiky, die Müllabfuhr und der unsichtbare Feind

Unser Kater Spiky scheut keinen Kampf. Wenn er mit uns gemeinsam das Revier wechselt, von unserem Haus in Heidelberg zu unserem zweiten Wohnsitz in Frankreich oder umgekehrt, dann nimmt er sein Terrain augenblicklich wieder in Besitz und wenn es sein muss, vertreibt er kurzerhand auch Füchse.

Aber es gibt eine Sache, die hat Spiky nicht im Griff. Da werfen wir uns jedes Mal aufs Neue weg vor Lachen: Wenn der Müllwagen um die Ecke biegt. Sobald er das Geräusch des Müllwagens hört, springt er wie von der Tarantel gestochen auf und versteckt sich unter dem Bett.

Seit 13 Jahren geht das so. Uns ist weder bekannt, dass er jemals eine schlechte Erfahrung mit Müllautos gemacht hat, noch dass die Müllabfuhr Jagd auf Katzen macht. Die haben wahrscheinlich besseres zu tun …

Lange Zeit waren wir der Überzeugung, dass diese Reaktion auf die imaginäre Bedrohung durch den Müllwagen ein katzentypisches Reiz-Reaktionsmuster ist, bis uns dämmerte, dass wir uns selbst auch ziemlich oft wie Spiky verhalten, wenn auch unser Betriebssystem (hoffentlich) etwas komplexer und weiterentwickelt ist.

Pioniergeist

Auch wir haben Angst vor Bedrohungen, die nur in unserem Kopf existieren. Bei uns ist das Müllauto so ein merkwürdiger Perfektionismus. Wir gehen zum Beispiel in unserer Einbildung davon aus, dass schlimme Dinge passieren könnten, wenn es einen Fehler in einem Blogbeitrag gibt, einen Rechtschreibfehler auf unserer Website, uns ein bestimmter Satz im Vortrag partout nicht einfällt oder bei einem Rebels-at-Work-Event die Ortsbeschreibung in der Einladung unvollständig ist. Aber ganz häufig passiert dann in der Realität … nichts. Überhaupt nichts, zumindest nichts, was uns Angst machen sollte.

Dieses Gefühl, dass da draußen eine imaginäre Bedrohung auf euch wartet, kennt ihr vermutlich auch. Es führt häufig dazu, dass ihr übervorsichtig werdet und euch nicht mehr aus der Komfortzone herauswagt. Denn die bietet ja Sicherheit und schützt vor Überraschungen. Allerdings zahlt ihr dafür einen Preis: Persönliches Wachstum findet immer dann statt, wenn ihr neue Herausforderungen annehmt und neue Erfahrungen sammelt.

Was wir in der Rückschau bei uns sehen: Die Momente, in denen wir über uns hinausgewachsen sind und uns weiterentwickelt haben, waren die, in denen wir die Angstgrenze übersprungen haben. In denen wir etwas riskiert haben, von der großen, gut beleuchteten und ausgeschilderten Straße in eine unbekannte Seitengasse eingebogen sind.

Wir haben es in unserem Buch „Spuren statt Staub“ beschrieben: Wir haben sichere Jobs aufgegeben, als wir uns selbstständig gemacht haben. Wir haben sehr viel gearbeitet, kaum Urlaub gemacht und trotzdem im ersten Jahr Verlust gemacht. Es war hart und doch haben wir es keine Minute bereut, ganz im Gegenteil. Zu lernen, mit Unannehmlichkeiten umzugehen, kann eine der besten Lektionen im Leben sein.

Aus diesem Gedanken heraus haben wir drei Vorschläge für euch:

1. Seht eure Angst mit anderen Augen

Niemand kann seine Angst einfach wegdrücken oder abschalten. „Aber du musst doch keine Angst haben“ ist Quatsch. Im Gegenteil: Wir brauchen unsere Ängste sogar, denn sie sind nützlich. Keine Angst haben wir nämlich nur dann, wenn alles mega vertraut ist. Wenn jeder Handgriff sitzt, jeder Quadratzentimeter unserer Umgebung bekannt ist. Das Problem: Dann können wir unmöglich etwas Neues lernen. Sobald wir uns aber in unbekanntes Terrain vorwagen, besteht einerseits die Chance, Fremdem zu begegnen und daran zu wachsen – aber andererseits empfinden wir genau davor Angst, zumindest Unbehagen. Und genau diese Angst, dieses Unbehagen, diese Verunsicherung: Das ist der beste Wegweiser im Leben, den wir haben. Denn dann wissen wir: Da geht’s lang zu Wachstum und Weiterentwicklung.

2. Begrüßt den Misserfolg

Misserfolge und Fehler sind nicht das Salz in der Suppe des Lebens, sie sind das Leben. Sie können eine wichtige Chance sein, uns in eine andere, vielleicht bessere Richtung zu lenken. In unserem Buch „Zündstoff für Andersdenker“ haben wir den Schweizer Konzeptkünstler und Musiker Dieter Meier zitiert: „Es gibt gar kein Scheitern. Allen­falls ein Scheitern nach außen, dass man et­was tut, was nicht erfolgreich ist.“ – Letzteres findet Dieter Meier aber gar nicht so wichtig. Denn jedem Fehler im Außen steht im Innern ein Fortschritt im Prozess des Zu-sich-Findens gegenüber. Und das Ergebnis dieses Prozesses kann etwas sein, das wiederum nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere Menschen bedeutsam ist: Zum Beispiel, wenn wir herausfinden, was wir am besten können und was unser Herz höher schlagen lässt. Oder wenn wir ein Werk produzieren, das für andere Menschen einen Unterschied macht.

3. Nein ist okay

Und damit meinen wir nicht plattes Vertriebsmotivationsgeschwafel wie „NEIN = Noch Eine Information Notwendig“. Oder „NO = Next Opportunity“ …
Wer oft Nein hört oder in seinem Umfeld viele Menschen vorfindet, die anderer Meinung sind, heißt das nicht, dass die Ideen, die abgelehnt werden, per se schlecht sein müssen. Vielleicht ist es eine Idee, die zur unpassenden Zeit auf den Plan getreten ist oder die in ihrer Besonderheit einfach nicht vom Mainstream goutiert wird. Wir haben mal über die Investmentfirma Bessemer geschrieben, die öffentlich machte, dass sie das Pech hatte, zu Fedex, Paypal oder den Google Gründern „Nein“ gesagt zu haben, wodurch ihr riesige Geschäfte durch die Lappen gegangen sind. Heute können sie dazu stehen, dass das Nein falsch war. Oder denkt an die Geschichte der Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling. Dutzende Verlage lehnten das Manuskript ab, das später eines der meistverkauften Bücher aller Zeiten wurde. Anders gesagt: Lasst euch von einem Nein nicht unterkriegen, denn auch die erfolgreichsten Menschen wurden schon mit vielen Neins konfrontiert. Was ihr nach dem Nein macht, entscheidet über euren Erfolg.

Überwinde deinen inneren Spiky

Wer oder was ist das Müllauto in deinem Leben? Wovor hast du möglicherweise Angst? Was könnte dich in deiner Vorstellung attackieren, schaden, behindern, zum Scheitern bringen, obwohl bei Lichte betrachtet gar keine realistische Gefahr besteht? Oder anders gefragt: Was hält dich in deiner Komfortzone fest und verhindert Weiterentwicklung?

Wir alle müssen bereit sein, mit einem gewissen Maß an Unbehagen umzugehen, um zu sehen, wozu wir fähig sind.

In Phasen des achtsamen Überschreitens von selbstgesteckten Grenzen steigen die Risiken – aber auch die Chancen, die Belohnungen und der persönliche Gewinn.

Wir wünschen, dass dir gelingt, was Spiky bisher noch nie gelungen ist: Stell dich dem Müllauto!

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