
„Das liegt daran, dass ihr Auto neu ist, das legt sich in ein paar Wochen!“ – Das bekam eine Freundin von uns zu hören. Sie hatte einen A7 und ein Problem: Die Bremsen quietschten. Die Audi-Mitarbeiter aus der firmeneigenen Werkstatt konnten den Fehler nicht beheben und verwiesen darauf, dass das Ärgernis von allein verschwinden werde – mit etwas Geduld. Keiner wollte Verantwortung übernehmen.
Wer ist schuld? – Verantwortung übernehmen!
Geduld? Wieso, weshalb, warum? Bei einem so teuren Auto sind quietschende Bremsen definitiv ein ernstzunehmender Mangel. Ein mängelfreies Produkt ist im Premiumsegment keine Frage von Geduld. Nein, ganz bestimmt nicht!
Die Reklamationsversuche unserer Freundin eskalierten. Denn natürlich, nach ein paar Wochen hatte sich überhaupt nichts gelegt, die Bremsen quietschten immer noch. Dafür veränderten sich die Antworten der Werkstattleute: „Das liegt an unserem neuen Zulieferer, wir können da aktuell nichts machen!“ Und dann der Hauptgewinn einige Wochen später: „Sie sollten Ihr Bremsverhalten ändern!“
Es gibt Momente, da ist man sprachlos.
Zumal unsere Freundin ein ganz und gar normales Bremsverhalten an den Tag legt. Sie bremst halt, wie man so bremst. Bei roten Ampeln zum Beispiel mit dem Druck des rechten Fußes auf dem Bremspedal. Wie denn sonst? Und: Es war nicht ihr erstes Auto, mit dem sie gebremst hat. Es war nur das erste, das dabei quietschte.
So skurril das ist, dahinter steckt Interessantes. Die beiden menschlichen, allzu menschlichen Reaktionen „Schulterzucken“ und „Mit-dem Finger-auf andere-zeigen“ haben einen Hintergrund und der lautet: Die Werkstattmitarbeiter haben tatsächlich nichts falsch gemacht. Sie haben auf den ersten Blick mit dem Quietschen nichts zu tun, an ihnen lag es nicht. Also muss jemand anderes schuld sein. Die Aufmerksamkeit richtet sich darauf: Wer ist schuld? Ich bin es nicht! Aber wer dann?
Versucht es einmal umgekehrt
Das geschieht reflexhaft und überall: Projekt versenkt? Ich war’s nicht! Schuld sind die Kollegen. Zu spät? Ich konnte nichts dafür. Es lag nicht in meiner Macht. Monatsergebnis negativ? Ich habe meinen Job gemacht! Der Kunde war schwierig…
Interessant ist: Niemand hat ein Problem damit, sich Erfolge auf die eigenen Fahnen zu schreiben. Selbst dann nicht, wenn dieser Erfolg ohne das Zutun der Kollegen gar nicht machbar gewesen wäre. Der Abteilungsleiter sagt dann: „Ich hab letztes Jahr 12 Mio. Gewinn gemacht!“ Gründe für Misserfolg dagegen sind ganz leicht außerhalb des eigenen Einflussbereichs zu finden! Der Abteilungsleiter sagt: „Mein Team hat Mist gebaut!“ Erfolg haben Menschen gerne für sich – Misserfolg wird lieber geteilt oder übergeben.
Wie genial, souverän, stark und würdevoll wäre aber die Umkehrung!
Also: Übernimm die volle Verantwortung für den Misserfolg oder das Problem – und teile den Erfolg!
Für den Werkstattmeister hätte das im Falle unserer Freundin bedeutet: Die Reifen quietschen? Das ist mein Problem! Und ich habe es zu lösen. Verantwortung übernehmen gehört zum Service.
Es geht nicht darum, wer schuld ist, sondern wer verantwortlich ist.
Das ist nicht dasselbe!
Um aber verantwortlich zu sein, muss ich mich mit dem Unternehmen und seinem Produkt voll identifizieren. Dann sage ich: „Audi hat ein Problem? Dann habe ich ein Problem, denn Audi, das bin ich!“