
Wenn Ihnen jemand vors Schienbein tritt, dann treten Sie zurück! Das ist doch klar, oder? Sie wollen sich doch nicht ins Bockshorn jagen lassen! Wenn Kollegen, Kunden oder Konkurrenten Sie attackieren – etwa: „Ihre Idee ist doch vollkommen bescheuert!“, „Was Sie Service nennen, ist ja wohl ein schlechter Witz!“, „Ihr Angebot kommt nicht in Frage, wir haben schließlich etwas Seriöses gesucht!“ – dann verteidigen Sie sich ja wohl! Sie schlagen zurück!
Hooooo! Langsam … ruhig. Ganz ruhig.
Erst mal durchatmen und dann das zentrale Nervensystem wieder einschalten.
Der Reflex, auf einen Angriff sofort einen Gegenangriff zu fahren, ist vollkommen verständlich, er ist uns sogar genetisch eingraviert, ein Automatismus. Aber eben nicht immer klug. Vor allem nicht im Geschäftsleben. Denn: Kämpfen kostet Kraft. Und wenn Sie aus einer Machtposition heraus angegriffen wurden – und so ist es fast immer! – dann werden Sie am Ende gewöhnlich den Kürzeren ziehen.
Gut, aber einfach klein beigeben? Das kommt ja nun auch nicht in Frage. Wer sich einschüchtern lässt, kommt im Leben zu nichts. Unser Vorschlag:
Machen Sie es wie im Kampfsport!
Aikido-Autor André Protin schreibt: „Oberstes Gebot ist dabei, der Kraft des Gegners niemals mit eigener Kraft zu begegnen, jedes direkte Kräftemessen zu vermeiden und sich die Energie des Angriffs zunutze zu machen, um den Angriff zu neutralisieren und den Angreifer zu bändigen.“
Sich die Energie des Angriffs zunutze machen… wie soll das im Job funktionieren? Wir glauben zwar nicht, dass Sie das trainieren können wie im Dojo, aber wir sind davon überzeugt, dass Sie im Gegensatz zum Kampfsport im geschäftlichen Alltag fast immer Zeit haben, sich die Situation gut zu überlegen und Ihren nächsten Schritt gewitzt und kreativ zu planen.
So wie das Berliner Start-up muun:
muun verkauft online Matratzen. Kein einfacher Markt – und da tut es besonders weh, wenn die mächtige, mit Steuermitteln ausgestattete Stiftung Warentest mit ihren quasi-offiziellen Urteilen den Daumen über ein Produkt senkt: Im 2016er Matratzentest watschte die große Stiftung muun mit der Benotung „Ausreichend 4,1“ ab. Aua.
Die Gründer fühlten sich zuerst macht- und hilflos. Alle Beschwerden über die ihrer Meinung nach ungerechte öffentliche Hinrichtung waren fruchtlos. Zurecht monierten sie, dass ihre Matratzen in allen qualitätsrelevanten Kategorien wie „Liegeeigenschaften“, „Schlafklima“ und „Haltbarkeit“ mit „Gut“ abschnitt, beim Bezug sogar mit „Sehr gut“. Wie kann da ein Gesamturteil „ausreichend“ zustande kommen?
Na, ja …
Stiftung Warentest vergab schlechte Bewertungen in den Kategorien „Handhabung“ und „Deklaration & Werbung“ und gewichtete die Kategorien so, dass am Ende eine 4,1 rauskam. Das erinnert schon stark an die Schule und diesen einen, gemeinen Lehrer, der dich nicht leiden konnte und dessen größter Tag im Jahr die Zeugnisausgabe war: Tag der Abrechnung.
Aber interessiert es den Kunden auch nur die Bohne, ob die Bewertung gerecht, sinnvoll oder fair war oder eben nicht? – Natürlich nicht. Warum auch. Er kauft einfach eine andere Matratze.
Anstatt nun kleinbeizugeben, schalteten die muun-Leute auf Business-Aikido: Sie machten aus der Not eine Tugend und nannten dabei ihre Matratze im Marketing ab sofort „Die ausreichendste Matratze Deutschlands“. Sie nahmen die Stiftung Warentest mit einer speziellen Website gekonnt auf die Schippe und kreierten außerdem einen witzigen Videospot „Die Ausreichendsten“. Im Spot wird ein Hundezüchter gezeigt, der mit seinen Windhunden an Wettrennen teilnimmt. Er erklärt auf sehr sympathische Weise, dass es bei seinen Hunden auf Schnelligkeit und nicht auf Schönheit ankommt.
Die Reaktionen blieben nicht aus – Business-Aikido in Bestform
In Wirtschafts- und Marketingmedien bekam die Aktion jede Menge Beifall. Wir finden, das ist Querdenken in Bestform. Nicht beleidigt oder rechtfertigend – sondern den „Angriff“ zunutze gemacht für eine clevere und erfolgreiche Marketingaktion. Wir vergeben darum für die muun-Matratze in der Kategorie „Schlagfertigkeit und Kontereigenschaften“ die Höchstnote 1,0!