Die einzige wirklich sinnvolle Bedienungsanleitung

Bedienungsanleitung

Die einzige wirklich sinnvolle Bedienungsanleitung

Zum Thema Bedienungsanleitung haben wir ein zwiespältiges Verhältnis: Dort, wo erst einmal das Studium einer ellenlangen Anleitung erforderlich ist, um ein Gerät zum Laufen zu bringen, ist in der Produktentwicklung etwas schief gelaufen! Wir finden, dass intuitives Design es dem Nutzer ermöglichen sollte, Alltagsgegenstände wie das Smartphone, das Navi, den Nasenhaarschneider und die Espressomaschine auch ohne das extensive Studium einer Anleitung zu bedienen.

Bedauerlich finden wir allerdings, dass es für die wirklich wichtigen Dinge im Leben KEINE Anleitung gibt:Wie funktioniert das Gehirn? Wie funktionieren Kinder? Wie funktionieren Frauen-Schrägstrich-Männer? Wie funktioniert eine gute Partnerschaft? Und was die Arbeit angeht: Wie funktionieren meine Teammitglieder? Und ja, wie funktioniert eigentlich mein Chef?

Bedienungsanleitung für den Chef

Ja, klar, ihr findet schon über die Jahre hinweg bruchstückhaft heraus, wie euer Chef tickt. Aber so ganz kapiert ihr es nie: Wenn er sagt: „Das ist okay“, was heißt das dann? Ist das gut? Gut genug? Oder eben nur gerade passabel? Und was bedeutet es, wenn er sagt: „Das ist schon okay …“ oder einfach nur „Okay!“? Sollte ich dann besser mal nachfragen? Oder das gerade nicht? Welches Verhalten wäre ratsam?

Und was bedeutet es, wenn mein Kollege am Schreibtisch gegenüber häufig die Kopfhörer aufsetzt? Nerve ich ihn? Braucht er seine Konzentration? Kann ich ihn ansprechen?

Die meisten von uns versuchen ständig, die Vorlieben und Abneigungen der Menschen in unserem Umfeld zu ergründen – aber meistens mit dem Versuch-und-Irrtum-Verfahren. Selten mit expliziten Gesprächen darüber. Und wir vermuten, dass mit all den misslungenen Verhaltenstests extrem viel Zeit verschwendet und Produktivität vergeudet wird. Außerdem ist der Pegel an Unsicherheit und wahrscheinlich auch Unzufriedenheit dadurch permanent höher, als er sein müsste.

Also, was könnten wir dagegen tun?

Nun, wenn es ab Werk keine Bedienungsanleitung für den Chef oder die Kollegen gibt, warum schreiben wir dann nicht einfach eine?

„So ticke ich: Erstens, zweitens, drittens …“

Ivar Kroghrud hat genau das gemacht. Er ist einer der erfolgreichsten Gründer und IT-Unternehmer Norwegens. In einem interessanten Interview mit der New York Times erklärt er, was in seiner Bedienungsanleitung so drinsteht:
„Ich bevorzuge direkte Kommunikation. Sag mir, was du denkst und verpacke deine Worte bitte nicht in Watte.“

Oder:
„Ich freue mich immer über neue Ideen, aber ich bevorzuge es, wenn du die Ideen auch selbst weiterverfolgst und wenn du deine Idee auch in Bezug auf die geschäftliche Relevanz gründlich durchdacht hast.“

Seine Bedienungsanleitung endet mit dem Satz:
„Lass mich bitte wissen, wenn es zusätzliche Punkte gibt, die ich in eine überarbeitete Version meiner Bedienungsanleitung aufnehmen sollte.“

Abby Falik, eine Unternehmerin aus San Francisco, hat die Idee von Kroghrud aufgegriffen und auch eine Bedienungsanleitung für sich geschrieben. Was uns daran gefällt: Sie hat sie in sechs Kategorien untergliedert, die wir sehr praktikabel finden:

1. Das ist mein Stil
2. Diese Dinge sind mir wichtig
3. Dafür habe ich keine Geduld
4. So kommuniziert man am besten mit mir
5. So kann man mir helfen
6. Was Menschen über mich missverstehen

Sechs Tipps für den Umgang mit Peter

Peter fand die Idee von Kroghrud und das Schema von Falik so klasse, dass auch er für sich eine Anleitung geschrieben hat, die zukünftig alle Menschen bekommen, die mit ihm zusammenarbeiten. Und die liest sich auszugsweise so:

1. Das ist mein Stil
Ich habe ein sehr starkes Unabhängigkeitsbedürfnis. Wenn ich auch nur das Gefühl habe, dass jemand über mich bestimmen will, werde ich extrem bockig. In der Konsequenz heißt das aber auch, dass ich anderen sehr viel Freiraum einräume und selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Arbeiten erwarte.

2. Diese Dinge sind mir wichtig
Ich kontrolliere nicht gerne und frage nicht gerne nach, erwarte aber proaktiv Rückmeldung, wo Du mit Deiner Arbeit stehst. Ob Du wie geplant vorankommst oder ob es Verzögerungen gibt.

3. Dafür habe ich keine Geduld
Jammer nicht rum und erzähle nicht, dass Du das Opfer von irgendwas oder irgendjemand bist. Ich habe weder Zeit noch Lust, mir das anzuhören.

4. So kommuniziert man am besten mit mir
Ich werde nur ungern unterbrochen oder aus einer Aktivität herausgerissen. Deshalb bevorzuge ich asynchrone Kommunikation. Nicht zeitkritische Anfragen bitte per E-Mail. Dringendes per SMS oder Whatsapp. Und nur wenn es wirklich brennt, anrufen. Und dann bitte mobil.

5. So kann man mir helfen
Ich frage nur sehr ungern nach Wegen oder nach Hilfe, freue mich aber, wenn Du mir deine Hilfe anbietest, sobald Du das Gefühl hast, ich könnte sie gebrauchen. Ich nehme auch gerne Hilfe an, selbst wenn ich nicht danach frage.

6. Was Menschen über mich missverstehen
Ich mache oft einen netten Eindruck und finde, dass Freundlichkeit eine Tugend ist. Manche Menschen verwechseln das mit Weichheit oder Unentschlossenheit, was nicht selten zu Irritationen führt.

Ihr könnt, müsst aber nicht

Wir finden, die persönliche Bedienungsanleitung ist eine Superidee. Sie kann ein ganzes Teambuilding-Seminar ersetzen. Allerdings funktioniert sie natürlich nur, wenn ihr sehr ehrlich mit euch selbst seid und ein stimmiges Selbstbild habt – was nicht immer ganz einfach ist.

Ach ja, um eine minimale Bedienungsanleitung für die Bedienungsanleitung mitzuliefern: Selbstverständlich darf so eine Anleitung auf keinen Fall verpflichtend sein! Niemand sollte sie schreiben MÜSSEN. Vielmehr ist die Idee nichts weiter als eine Chance – für sich selbst und auch für die Kollegen. Sie macht die Zusammenarbeit einfacher und effizienter, vermeidet Missverständnisse und Konflikte. Gerade neue Mitarbeiter können mit ihrer Hilfe besser und mit mehr Sicherheit durchstarten.

Habt ihr Lust?
Also: Was würde in eurer Bedienungsanleitung stehen?

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