
Diese drei Fragen sind besser als der Tischkicker im Büro
Manchmal verschleißen Wörter durch übermäßigen Gebrauch und hören sich dann an wie Bremsbeläge nach 60.000 km aussehen. Es ist ja angesagt, „digital“, „agil“ und auch ein bisschen „disruptiv“ zu sein. Keine Vorstandsansprache ohne die Beschwörung dieser Dreifaltigkeit.
Der Agilcoach darf dann für ein entstaubtes Arbeitsumfeld mit Sneakern und ohne Krawatte sorgen, wo alle per Du sind und Tischkicker, Sitzwürfel und Kaffeeautomaten zur Grundausstattung gehören ebenso wie flachgeklopfte Hierarchien, das Innovationslab und frisches Bio-Obst. Das alles ist auch fein, es bringt das eingerostete Getriebe schon mal in Bewegung und erste, niedrig hängende Früchte können geerntet werden.
Also: Alles lobenswert!
Aber: dann muss es weitergehen! Letztlich sind es doch zwei zentrale Dinge, die Mitarbeitern wirklich wichtig sind:
ERSTENS: ihre eigene Zukunft und
ZWEITENS: die Zukunft des Unternehmens.
Und zwar in dieser Reihenfolge.
Die drei wichtigsten Fragen
Um die Zukunft also geht es. Die gilt es heute zu schaffen. Die Krux an der Sache ist aber, dass es sehr viel Zeit und Energie erfordert, ein Umfeld zu kultivieren, welches das Engagement, die Ideen, die Innovationskraft, die Agilität – also: die Zukunftsfitness – aller Mitarbeiter unterstützt und befördert.
Wer das erreichen möchte, sollte seinen Mitarbeitern nicht nur Tischkicker hinstellen, sondern Antworten auf drei ganz konkrete Fragen liefern:
Erstens: Versteht jeder Mitarbeiter die Zielrichtung, in die unser Unternehmen steuert?
Beim ständigen Reden über die Zukunft vergessen viele Führungskräfte, dass der Rest der Mitarbeiter in diese Diskussionen nicht eingeweiht und schon gar nicht eingebunden ist. Aber: Jeder einzelne Mitarbeiter im Unternehmen sollte eine klare Idee haben, wohin das Unternehmen steuert. Jeder sollte verstehen, was die wichtigsten Ziele sind, was das für ihn selbst bedeutet und wie er dazu einen Beitrag leisten kann. Und wenn das jede Führungskraft beantworten kann, kann das noch lange nicht jeder Mitarbeiter. Die Frage ist nur, wie du dafür sorgen kannst, dass jeder Mitarbeiter die Zielrichtung kennt.
Und um ganz präzise zu sein: Mit Zielrichtung meinen wir hier nicht die runtergebrochenen Mikromanagementzielvorgaben. Nicht dieses Nächstes-Jahr-plus-13-Prozent-Ziel. Nein, es geht um das übergeordnete Ziel, die große Stoßrichtung, die Antwort auf die Frage: Wer wollen wir in Zukunft sein?
Zweitens: Werden unsere Mitarbeiter für eine erfolgreiche Zukunft befähigt?
Mitarbeiter müssen die strategische Zielrichtung nicht nur kennen und verstehen, sondern sie brauchen auch die (Lern-)Werkzeuge, um den dadurch skizzierten Weg mitzugehen und mitzugestalten.
Doch leider kommt es uns häufig so vor, als solle ein Firmenteam auf einem uralten, geliehenen Kahn an einer Segelregatta teilnehmen und dabei noch top abschneiden. Ohne vorheriges Training natürlich. Das kann nicht funktionieren!
Die Frage ist nur, was eure Mitarbeiter genau brauchen, um für die Zukunft des Unternehmens ausgerüstet zu sein.
Drittens: Werden unsere Mitarbeiter ermutigt, neue Ideen zu entwickeln? (Und wie gehen wir mit den unvermeidlichen Fehlschlägen um, die dabei entstehen?)
Die Frage, die in der Klammer steht, ist die Konsequenz aus der Frage, die vor der Klammer steht. Es gibt keine Innovation ohne Experimente. Und Experimente können funktionieren, aber eben auch vor die Wand fahren. ABER: Obwohl das (fast) alle verstanden haben, gibt es noch immer ein riesiges Umsetzungsdefizit!
Die Frage ist nur, wie du ganz konkret diesen fehlertoleranten Mut zum Neuen aufbauen und erhalten kannst.
Stahlharte Zukunftspläne
Da fällt uns Klöckner ein: Über den größten Stahl- und Metallhändler weltweit, haben wir schon einmal berichtet.
Klöckner Chef Gisbert Rühl ist einerseits ein Urgestein in der extrem konservativen Stahlbranche, andererseits aber auch ein Vorreiter des digitalen Wandels. Grund genug, genauer hinzuschauen, wie das Unternehmen diesen Sprung hinbekommen hat – und insbesondere: Wie hat Klöckner diese drei Fragen beantwortet?
Antwort auf Frage eins:
Versteht jeder Mitarbeiter, die Zielrichtung, in die unser Unternehmen steuert?
2014 hat Rühl seinen Mitarbeitern erst einmal die ungeschminkte Faktenlage vor Augen geführt: Das alte Geschäftsmodell funktionierte in Teilen nicht mehr. Um langfristig überleben zu können, musste das Unternehmen sein Geschäftsmodell, seine Prozesse und seine Denkmuster transformieren.
Dann kam der zweite Schritt: Die neue Zielrichtung wurde deutlich hörbar und verstehbar kommuniziert. Rühl sagte glasklar: Innerhalb von fünf Jahren wird die Hälfte des Umsatzes über digitale Kanäle erwirtschaftet werden!
Innerhalb des Unternehmens rührte Rühl Tag für Tag die Werbetrommel für seine digitale Vision – also kommunizieren, kommunizieren und nochmal kommunizieren. Ein ehrgeiziges Ziel gepaart mit klarer und permanenter Kommunikation. Keine Angst vor Wiederholungen der Botschaft (nach dem Motto: Das habe ich doch schon vorgestern erzählt …) Der Marketingexperte Dr. Jeffrey Lant formulierte einst das „Gesetz der Sieben“, das besagt, dass Botschaften erst dann Resonanz finden, wenn sie über einen Zeitraum von 18 Monaten siebenmal wiederholt werden.
Antwort auf Frage zwei:
Werden unsere Mitarbeiter für eine erfolgreiche Zukunft befähigt?
Um Mitarbeiter fit zu machen für das große Innerhalb-von-fünf-Jahren-die-Hälfte-des-Umsatzes-digital-Ziel initiierte Klöckner verschiedene unterstützende Weiterbildungsmaßnahmen, Jobrotation und das Aufbrechen der Silos:
Die „Digi Days“ und die „Digital Academy“ wurden ins Leben gerufen. Bei ersteren handelt es sich um eine Event-Reihe, bei letzterer um ein Self-Service-Fortbildungsportal, bei dem sich Mitarbeiter während der Arbeitszeit online weiterbilden können.
Ein Austauschprogramm für alle Landesgesellschaften wurde geschaffen, für das sich Mitarbeiter bewerben können. Wer ausgewählt wird, geht dann für mindestens einen Monat bis maximal ein halbes Jahr nach Berlin zur Digitalisierungstochter kloeckner.i, wo er alle Bereiche (Software Development, Online Marketing, Customer Care, Business Analytics, Quality Assurance und Controlling) durchläuft. Damit soll sichergestellt werden, dass sich nicht nur die Nerds in Berlin mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen, sondern dass parallel dazu auch das digitale Wissen in der Kernorganisation zunimmt.
Ein internes soziales Netzwerk wurde aufgebaut, eine Art Firmen-Facebook, auf dem sich die Mitarbeiter bereichs- und hierarchieübergreifend austauschen. Auch der Chef, Gisbert Rühl, ist dort jederzeit ansprechbar und chattet täglich zu den verschiedensten Themen. Das unterstützt den unternehmensweiten Informations- und Wissensaustausch und macht auch die digitale Vision damit greifbarer für die Mitarbeiter, weil sie den Chef dort „greifen“ und Fragen stellen können.
Antwort auf Frage drei: Werden unsere Mitarbeiter ermutigt, neue Ideen zu entwickeln? (Und wie gehen wir mit den unvermeidlichen Fehlschlägen um, die dabei entstehen?)
Der Chef geht hier mit gutem Beispiel voran und veröffentlicht im Intranet Fehler, die ihm unterlaufen sind, wie es dazu kam und was er daraus gelernt hat. So wird eine Kultur der Experimentierfreude, des klugen Umgangs mit Fehlern und der Risikobereitschaft aktiv gefördert.
Wenn du unseren Blog und/oder unsere Bücher liest, dann weißt du, dass das eines unserer Herzensanliegen ist. Geschrieben haben wir darüber zum Beispiel hier oder hier.
Nur Mut!
Tiefgreifende Veränderung erfolgt nicht durch das Hinzufügen von hippem Mobiliar, einem Kickertisch und dem verordneten Du für alle. Das sind Verzierungen, aber nicht das Fundament.
Grundlegend Neues entsteht dort, wo Menschen mutig voranpreschen, Ideen entwickeln und umsetzen, nachjustieren, nachdem erste Erfahrungen gesammelt worden sind, weitermachen – und das immer und immer wieder.
Wenn du das willst, dann braucht es ein Umfeld, das Experimentierfreude unterstützt und unvermeidliche Fehlschläge toleriert, das Mitarbeiter fit macht für die digitale Zukunft und das darüber hinaus nicht vergisst, immer und immer wieder die wichtigen großen Ziele für jedermann und –frau verständlich zu kommunizieren. Gerade in Krisenzeiten werden diese Punkte jedoch leider häufig vernachlässigt, obwohl sie gerade dann erfolgsentscheidend sein können.
Der Dank: Du bekommst Mitarbeiter, die Veränderer sind. Selberdenker und Selbstermächtiger. Du bekommst Rebels at Work!

Frisches Denken für Ihre Tagung, Kundenevent oder Konferenz!
.
In ihren Vorträgen zeigen Anja Förster und Peter Kreuz, wie Führungskräfte und ihre Teams erfolgreich durch ein Umfeld der Digitalisierung, Disruption und Komplexität navigieren und sich fit für die Zukunft machen.
„Inspirierend, mitreißend und revolutionär – ein Vortrag der besonderen Art!“
Bayreuther Ökonomiekongress
Infos zu den Vorträgen von ANJA FÖRSTER
Infos zu den Vorträgen von PETER KREUZ