Warum wir die Gorillas nicht sehen

Gorilla Business Illusion

Warum wir die Gorillas nicht sehen

„So blind kann man nicht sein!“ – Wer das Video mit dem Experiment der beiden Harvard-Psychologen Christopher Chabris und Daniel Simons schon kennt oder kurz vorher das Wort „Gorilla“ gehört hat, der kann sich gar nicht vorstellen, dass man diesen Gorilla nicht sehen kann. Neun Sekunden lang läuft er durchs Bild!

Das Gorilla Experiment

Was jeder sieht: Zwei Teams mit schwarzen bzw. weißen T-Shirts werfen Bälle hin und her. Probanden, denen das Video vorgeführt wurde, wurden im Experiment gebeten, genau mitzuzählen, wie viele Ballkontakte das weiße Team hatte. Danach wurden sie über diese Zahl und andere Details des Videos befragt.

Die Probanden konzentrierten sich derart auf die Bewegungen der Bälle und das Zählen der Ballkontakte, dass 50 Prozent von ihnen einfach nicht mitbekamen, dass etwa zur Hälfte des rund einminütigen Videos eine als Gorilla verkleidete Person in die Mitte des Spielfels tritt, stehenbleibt, sich mit den Fäusten auf die Brust trommelt und danach gemächlich das Spielfeld wieder verlässt.

Genauer gesagt: Sie sahen den Gorilla zwar, denn sie starrten ja auf den Bildschirm, aber sie nahmen ihn nicht wahr. Verblüffend!

Wobei … so verblüffend ist das gar nicht.

Wie konntest du das nicht sehen?

Wir alle kennen nämlich ähnliche Situationen. Der Zettel, der „plötzlich“ auf dem Tisch liegt: „Tschüß, das war’s mit uns beiden. Ich ziehe aus.“ Oder in der Wirtschaft: Der neue Wettbewerber, der urplötzlich aus dem Nichts auftaucht. „Wahnsinn, plötzlich war er da und hat uns alle Kunden weggeholt.“

Jeder Außenstehende sagt dann: Das habe ich kommen sehen. Wie konntest du das nicht sehen?

Monkey Business Illusion

Das Problem ist aber, dass wir so sehr mit dem Alltag beschäftigt sind bzw. so sehr im operativen Tagesgeschäft stecken, dass wir die Gorillas, die sich plötzlich ins Bild mogeln, nicht mitbekommen – Monkey Business Illusion!

Die Kleinigkeiten nehmen wir schon wahr: Er vergisst nie den Geburtstag der Partnerin, führt sie zu jedem Hochzeitstag in dasselbe indische Restaurant aus, in dem sie sich vor sieben Jahren kennengelernt hatten, trägt stets den Müll raus – aber über all den Kleinkram verpassen wir die großen, die wirklich wichtigen Entwicklungen: Dass die Ehe immer mehr zu einer Wohngemeinschaft zweier Erwachsener mutiert ist, dass die Routinen alles Knisternde und Spontane erstickt haben, dass sie schon längst nicht mehr auf indisches Essen stand …

Genauso läuft es im Unternehmen: Alle Messgrößen der Balanced Scorecard wurden perfekt abgearbeitet: Kundenzufriedenheit, Wettbewerbsanalyse, Anzahl der Verbesserungsvorschläge pro Kopf … alle operativen Messgrößen liegen im grünen Bereich. Alles super … doch leider, leider haben wir übersehen, dass sich langsam aber stetig ein ganz neuer Wettbewerber aufgebaut hat mit einem ganz neuen Geschäftsmodell, der den etablierten Playern der Branche den Teppich unter den Füßen – ZACK – weggezogen hat. Und von einem auf das andere Jahr stimmen dann auch die Zahlen plötzlich überhaupt nicht mehr. Aber warum nur hat das keiner kommen sehen?

Psychologen erklären das so: Unsere geistigen Ressourcen sind durch eine gestellte Aufgabe so ausgelastet, dass das Gehirn aus Effizienzgründen gezwungen ist, alle Reize auszublenden, die vom Raster abweichen.

Eine fordernde Aufgabe zwingt uns zum Fokussieren.
Aber der Fokus
verengt das Blickfeld.

Fokus und Weitwinkel – Beides ist wichtig

Was können wir tun, damit uns so etwas nicht passiert? – Wir können beides tun! Sowohl fokussieren als auch den Weitwinkel verwenden. Sowohl als auch. Ja, das Tagesgeschäft ist wichtig. Du darfst es nicht vernachlässigen. Du musst dich ums Operative kümmern, die Prozesse kontinuierlich verbessern, den laufenden Wettbewerb fokussieren, die Kosten im Griff behalten und taktisch kluge Schachzüge unternehmen.

Aber das ist eben nicht alles! Genauso wichtig ist es, ab und zu stopp zu sagen, geistig einen Schritt zurückzutreten und einen Blick auf das große Bild zu werfen. Frage dich: Was mache ich eigentlich den ganzen Tag? Bin ich überhaupt noch auf dem richtigen Weg unterwegs?

Denn was hilft dir das beste Lauftempo, wenn du nicht auf dem richtigen Weg unterwegs bist?

***
Video: The Monkey Business Illusion 

Alle Blogbeiträge »

Werde Teil der Community mit >100.000 Menschen:
Backstage-Report Newsletter | Instagram | YouTube | Linkedin Anja | Linkedin Peter