Peter hat’s geschafft! Ende Mai ist er seinen ersten Halbmarathon gelaufen. Das Wichtigste: Er ist ins Ziel gekommen! 21,1 Kilometer! Finisher! Schon von Anfang an war er aufgeregt wie ein kleines Kind und ist mehr über die Startlinie gehüpft als gelaufen – aus purer Freude.
„Die ersten 10 Kilometer bin ich geflogen – beflügelt von der Begeisterung für das Erlebnis, getragen von der Euphorie des Publikums, gespannt auf die neue Erfahrung. Es war genial. Ab Kilometer 12 … wurde es sehr herausfordernd: Mein Körper wollte stehenbleiben und ich habe mich gezwungen weiterzulaufen bis zum Schluss.“
Beim Lauf über die Ziellinie war er total platt, auf den Felgen. Aber erstaunlich, wie schnell die Endorphine dann Oberwasser bekommen: Die Finisher-Medaille um den Hals und plötzlich war nur noch Euphorie, Stolz, Freude und tiefe Zufriedenheit – einer dieser begehrten Glücksflow-noch-mehr-davon-Momente.
Am nächsten Tag die Mail des Veranstalters: „Sie können hier ihre Urkunde herunterladen.“
Wow, die Urkunde! Super! „Peter Kreuz belegte beim Halbmarathon Mannheim den 1737. Platz.“ Autsch! Das saß. Eine eiskalte Dusche. So weit hinten? Schnell noch den Platz in der Altersklasse nachgeguckt. Auch nur Platz 283. „Was hatte ich mir auch eingebildet? Bei einer Zeit von 02:00:33 war nicht mehr zu erwarten.“ Der Tag war gelaufen. Peter war plötzlich vollkommen enttäuscht.
Dann sprang das Gedankenkarussell an: „Ich MUSS besser werden. 1 Stunde 50 Minuten und in meiner Altersklasse mindestens ins erste Drittel und, und, und…“
Was ist da passiert?
Erst ein intensives Glücksgefühl und dann bittere Enttäuschung?
Und dann DRUCK?
Ganz einfach. Das ist passiert: Der Vergleich ist der Tod des Glücks!
Schneller, besser, höher, weiter als… Aus Vergleichen entstehen Wettbewerbe, die im Grunde gar keinen Sinn machen. Genau das ist es, was wir auch im Wirtschaftsleben immer wieder beobachten. X Prozent mehr Gehalt, ein höherer Bonus, Dienstwagen der Luxusklasse, das Büro mit den Fensterflügeln, noch ein Mitarbeiter mehr im Team – alles wird zum (Wett)Kampf statt einfach seinen Zweck zu erfüllen.
Wenn der (Wett)Kampf alles andere überlagert und zum Selbstzweck wird, beginnen Menschen ihre eigentlichen Ziele aus den Augen zu verlieren. Sie verbiegen sich, treffen Entscheidungen, die nicht ihre sind, tun Dinge, auf die sie nicht stolz sind und opfern im schlimmsten Falle ihre persönliche Integrität. Gruselige Rankings, Skalen, Bestenlisten am schwarzen Brett oder im Intranet treiben den Wettbewerbsgedanken auf die Spitze.
Nein, wir wollen nicht bestreiten, dass ein gesunder Wettbewerbsgedanke hilfreich ist. Was wir aber begreifen müssen: Wenn die Frage nach der Platzierung im Wettbewerb dominiert, dann heißt das doch, dass alle anderen Dinge, die eben nicht gut messbar sind und sich nicht in Rankings, Skalen und Vergleichskurven abbilden lassen, damit unter den Tisch fallen. Auch wenn sie vielleicht von sehr hoher Bedeutung sind.
Da fällt uns ein: Was war doch gleich das Ziel beim Halbmarathon? Dabei sein ist alles? Ziel erreichen? Genau! Nicht mehr und nicht weniger. All die Läufe, all die Trainingsstunden waren es wert – völlig unabhängig von der Laufzeit. Völlig unabhängig vom Ranking.
„Wie hoch ist dein Bonus?“ ist nicht dieselbe Frage wie „Wie glücklich bist du mit dem was du heute erreicht hast?“ Und genau DAS macht den Unterschied! Wer sich auf die eigenen Ziele konzentriert, weiß, wann er gut war oder was er hätte besser machen können.
Also bleibt euren Zielen treu und denkt daran: Der Vergleich ist der Tod des Glücks!
PS: Wie man das Glück bezirzen kann, haben bei Serendipity beschrieben.