Wir sind enttäuscht. Das soll alles gewesen sein? Dafür haben wir stundenlang im Zug gesessen? Dafür, dass der Experte sein Skript runterleiert und direkt nach dem Vortrag verschwindet, ohne uns die Möglichkeit zu geben, irgendwas zu hinterfragen? Dafür, dass der Kongress so vollgepackt ist, dass wir weder Zeit haben, das Gehörte zu verdauen, noch ein Wort mit anderen Teilnehmern zu wechseln?
Zahlt sich eure Anwesenheit aus?
Wir finden: Hohe Ansprüche an Vorträge, Seminare und Kongresse zu haben, ist nicht nur legitim. Nein, es ist notwendig! Denn wir treiben einen gewissen Aufwand, um anwesend zu sein. Und was noch kostbarer ist als Geld: Wir investieren ein Stück Lebenszeit. Dafür erwarten wir Austausch, Ideen, Inspiration – statt Endlos-Bulletpoint-Listen, monotonen Monologen und Powerpoint-Schlachten. Denn letztlich ist der Return unserer Investition, als Vortrags- oder Seminarteilnehmer in unserem Denken weiterzukommen.
Aber der Gedanke führt noch weiter: Warum sollte dieser Anspruch nur für Vorträge, Seminare, Workshops oder Konferenzen gelten? Warum nicht auch für die tägliche Arbeit? Und damit meinen wir nicht nur die berüchtigten langweiligen, weil überflüssigen Meetings.
Ihr kommt morgens ins Büro und geht abends wieder heim. Unsere Frage ist: Was genau passiert dazwischen, das als Return für eure Investition zählt? Was macht eure Anwesenheit lohnenswert? Findet der einzige Austausch vielleicht am Kaffeeautomaten beim Reden übers Wetter statt? Ist die einzige Idee zwischen 9:00 Uhr und 17:00 Uhr vielleicht die, was ihr abends kochen wollt? Kommt die einzige Inspiration vielleicht aus dem Snackautomaten?
Wirklicher Wert kann durch Anwesenheit nur dann entstehen, wenn sich die Anwesenden gegenseitig zum Nach- und Weiterdenken bringen, wenn sie gemeinsam etwas entwickeln und sich gegenseitig inspirieren. Wie wertvoll der persönliche Austausch bei der Arbeit ist, haben wir schon mehrmals angemerkt, beispielsweise hier.
Der eigentliche Punkt ist aber: Wir verstehen nicht, dass gerade so viele Wissensarbeiter das mit sich machen lassen – gut ausgebildete, kluge Leute! Als trügen sie das evolutionäre Erbe ihrer Schulzeit noch mit sich herum: Morgens hinschlurfen, die Stunden absitzen, auch wenn es todlangweilig ist, dann wieder nach Hause schlurfen.
Aufwachen!
Ins Büro nur bei gutem Grund – Austausch und Anregung
Wenn ein Chef will, dass seine Mitarbeiter ins Büro kommen, muss er ihnen einen Grund dafür liefern. Wer nur vor dem Bildschirm sitzt und etwas eintippt, kann das genauso gut zu Hause oder im nächsten Straßencafé tun.
Genau: Ihr dürft einen guten Grund einfordern, warum ihr euch morgen auf den Weg machen sollt. Und dieser gute Grund ist eine Arbeitsumgebung, die Anregung, Vernetzung und Ideen fördert; die es ermöglicht, gemeinsam mit anderen Menschen etwas Sinnvolles zu schaffen. Genau dieses Umfeld ist von essentieller Bedeutung, wenn ihr kein Fließbandarbeiter seid.
Und wenn es einen solchen guten Grund nicht gibt?
Wenn ihr die Arbeit genauso gut Zuhause oder im Café erledigen könntet?
Unser Vorschlag: Dann tut es! Weigert euch, morgens ins Auto oder in den Bus zu steigen!