
Macht einfach ein Experiment!
Mein lieber Mann! Was die experimentierfreudige Redaktion von Zeit online da mit bescheidenem Aufwand gemacht hat, finden wir total clever.
Die Geburtsstunde einer Reihe von Experimenten
Eigentlich hat das Redaktionsteam damit begonnen, sich auf den Kern dessen zu besinnen, was Journalismus ist. Auslöser war die abgrundtiefe Krisenstimmung, nachdem Donald Trump die Präsidentenwahl in den USA gewonnen hatte, obwohl die meisten Journalisten das nicht erwartet hatten. Manche hatten sogar versucht, das mit ihren Mitteln zu verhindern.
Als dann die Debatte um „Fake News“ und „Lügenpresse“ so richtig hochkochte, fühlte sich die Redaktion in ihrem Selbstverständnis berührt und sagte: „Wir wollen nicht so weitermachen wie bisher.“ Zeit online wollte die Herausforderungen unserer Zeit offensiv annehmen.
Das war die Geburtsstunde einer ganzen Reihe von Experimenten.
Chefredakteur Jochen Wegner beschreibt dieses journalistische Versuchslabor – im laufenden Betrieb – so knapp wie eindrücklich in diesem Artikel.
Vier Dinge finden wir an dem gesamten Experiment, das aus einer Vielzahl kleinerer Experimente besteht, herausragend und bemerkenswert:
1. Die größte Herausforderung ist der stärkste Ansporn!
Wenn die Welt sich kräftig verändert, dich durchschüttelt und das, was du tust, in Frage stellt – wie heute fast in jeder Branche – dann hast du die Wahl: Du kannst das als „Steine im Weg“ betrachten, als Störfaktoren, als Bedrohung, als feindliche Entwicklungen. Oder du kannst die Veränderungen als Herausforderung begreifen, die du annimmst, nach dem Motto: „Jetzt erst recht!“
Zeit online entschied sich für den zweiten Weg. Den empfehlen wir dir auch!
Unsere Frage: Was ist deine größte Herausforderung? Was nervt dich? Was frustriert dich? Was willst du ändern?
2. Am Anfang steht die große Idee!
Bei den verschiedenen Experimenten von Zeit online steht immer eine große, kühne Idee am Anfang. Zum Beispiel bei „Deutschland spricht“, der Dating-Plattform für politische Gegensätze. Die Idee, völlig konträr eingestellte Menschen zum persönlichen Gedankenaustausch in der realen Welt zusammenzubringen, ist groß! Das Ziel ist „einen neuen politischen Diskurs anzustoßen und Menschen mit unterschiedlichen Ansichten überall in Deutschland in reale Zwiegespräche zu verwickeln.“
Warum sind derart hoch gesteckte Ziele sinnvoll? – Weil lauwarme Ideen nur zu lauwarmen Ergebnissen führen. Im Umkehrschluss: Heroische Ideen können wirklich was bewegen – sie sind attraktiv, gerade weil sie wichtige Veränderungen, große Überraschungen oder die Beseitigung eines großen Übels versprechen. Unsere Erwartungen bestimmen immer die Obergrenze des Möglichen.
Unsere Frage: Für welche Idee brennst du wirklich? Was begeistert dich?
3. Einfach ausprobieren!
In der Redaktion von Zeit online arbeiten nur achtzig Journalisten und elf Entwickler. Aber trotzdem hat dieses Team in den letzten Monaten gleich vier große Experimente angeschoben:
- „Deutschland spricht“ – Die Dating-Plattform für politische Gegensätze
- „Z2X“ – Eine Serie von Festivals zur Weltverbesserung für Leute zwischen 20 und 29
- „#D17“ – Die Neuerfindung des emphatischen Lokaljournalismus
- „Wie geht es Ihnen heute?“ – Ein Online-Messgerät für Deutschlands aktuelle Stimmung
Ist das nicht ein bisschen viel? – Nein, ist es nicht. Wenn du die Anzahl der Treffer erhöhen willst, musst du bereit sein, mehr Experimente zu wagen und auch öfter mal auf die Nase zu fallen. Es geht nicht darum, mit maximaler Sicherheit den Mega-Erfolgstreffer zu landen, sondern jede Menge Apfelkerne auszusäen, um damit die Chancen zu erhöhen, den einen oder anderen kräftigen Apfelbaum heranwachsen zu lassen. Eben einfach ausprobieren!
Unsere Frage: Was kannst du mit kleinem Einsatz sofort ausprobieren? Was möchtest du unbedingt ausprobieren?
4. Schnell und einfach starten!
Die Journalisten von Zeit online stellten für das Experiment „Deutschland spricht“ einfach ein schlichtes Google-Doc ins Netz: Ein in kürzester Zeit gestricktes, einfaches Kontakt-Formular. Der Plan war: „Bei weniger als 50 Anmeldungen sagen wir es ab. 500 bearbeiten wir von Hand, ab 5000 müssen wir uns etwas überlegen.“ – Zwei Wochen später waren es bereits über 8000 Anmeldungen.
So geht das! Schick einfach einen Prototypen ins Rennen. Chefredakteur Jochen Wegner nennt das „das Flugzeug bauen, während wir abheben“.
Kleine und schnelle Starts führen oft zu großen Erkenntnissen. Das ist wesentlich effektiver als große Planungen. Innovative Unternehmen gehen schnell an den Markt, korrigieren sofort und entwickeln permanent weiter.
Unsere Frage: Wie könntest du das, was du vorhast, auch sofort und dafür ganz einfach machen?
Jochen Wegner schreibt: „Wir würden uns freuen, wenn unsere Experimente auch andere zu Neuem anregen. Was Zeit online kann, das können viele.“ – Dem schließen wir uns an: Experimentiere mehr!
Bei der raschen Abfolge von unterschiedlichen Experimenten geht es darum, zu handeln ohne alle Antworten zu kennen. Es geht darum, Chancen beim Schopf zu ergreifen, sich vorwärts zu bewegen, hin und wieder auch mal zu stolpern und schließlich doch ans Ziel zu gelangen.