
Warum Quereinsteiger oft die besten Ideen haben
Bertrand Piccard hat zusammen mit André Borschberg in mehreren Etappen die Welt mit einem Flugzeug umrundet. Gut, das ist heute nichts Besonderes mehr. Aber: Sie verbrauchen dabei keinen einzigen Tropfen Kerosin! Ihr Flugzeug, die Solar Impulse, besaß vier Elektromotoren, die alleine aus den Solarzellen auf den Tragflächen gespeist werden. Das ist revolutionär!
Bertrand Piccard ist ein sehr charismatischer und energiegeladener Typ. Er stammt aus einer Abenteurer- und Entdeckerfamilie und macht dieser Familientradition alle Ehre: Ständig lotet er die Grenzen des Machbaren aus und probiert Neues, Bahnbrechendes. Wir hatten die große Freude, mit ihm auf mehreren Vortragsveranstaltungen aufzutreten und mit ihm hinter der Bühne zu plaudern. Diese Begegnungen haben uns sehr beeindruckt, denn er sagte dabei etwas, das in uns nachglühte: “I’m from outside of aviation. My partner André Borschberg has never built an aeroplane, but together we make the most innovative aeroplane.”
Trotzdem. Oder: gerade deshalb!
Etablierte Flugzeugbauer glaubten nicht an das Projekt
Interessanterweise ist er in der Frühphase des Projekts an mehrere etablierte Flugzeugbauer herangetreten. Doch alle winkten ab: “Unmöglich!”.
Das ist ein Schema, das es nur allzu häufig gibt: Echte Durchbruchinnovationen werden selten von denen gemacht, die die besten Chancen und Möglichkeiten dazu hätten, weil sie viel Erfahrung und Know-how haben. Sondern häufig von den Außenseitern, die ihre Wurzeln in ganz anderen Branchen haben – die aber gerade deswegen die Dinge mit anderen Augen sehen und ganz anders vorgehen.
Darum stimmen wir mit Bertrand Piccard völlig überein: „If you want to innovate, you have to go outside the system!“
Warum ist das so?
Quereinsteiger schaffen oft, was Insider nicht zu träumen wagen
Die Krux liegt im Horizont des Denkens. Anders gesagt: Was wir wissen limitiert das, was wir uns vorstellen können.
Goethe sagte: „Man sieht nur, was man weiß.“ – Das ist die Paradoxie unserer Erfahrung: Je besser wir Bescheid wissen über unsere Branche, unsere Produkte, unsere Kunden, desto schwerer fällt es uns, unsere Überzeugungen zu hinterfragen. Das heißt nichts anderes, als dass genau die mühsam erarbeiteten Best Practices, die in der Vergangenheit unseren Erfolg gebracht haben, die Saat des Misserfolgs in sich tragen. So ist zu verstehen, was der französische Philosoph Paul Valéry sagte: „Was dir am besten gelingt, wird dir unweigerlich zur Falle.“
Aber es gibt eine Lösung für dieses Problem: Holt euch Zero Gravity Thinker ins Unternehmen! Denker ohne Schwerkraft, Menschen wie Bertrand Piccard, die vollkommen unbeschwert und unbelastet davon sind, „wie man die Dinge hier eben macht“, „wie die Branche so tickt“, „was Kunden von uns erwarten“ oder „was wir schon seit 1764 so machen und worüber sich noch nie jemand beschwert hat!“
Was sind Zero Gravity Thinker?
Der geniale Begriff des „Zero Gravity Thinkers“ stammt von Cynthia Barton Rabe, der Autorin des Buchs „The Innovation Killer“. Sie beschreibt einen Typus Mensch, den man sehr wohl in Unternehmen findet – aber leider viel zu selten in den klassischen Funktionen oder auf den üblichen Karrierepfaden. Es sind oft Quereinsteiger oder Leute mit einem nicht stromlinienförmigen Background: Anthropologen, Ethnographen, Designer, Theaterwissenschaftler … die sich einem Projekt oder Team anschließen, dort ihre Ideen, Perspektiven, Thesen und Standpunkte beitragen, um sogleich weiterzuziehen und das nächste Team oder Projekt zu befruchten.
Sie wollen nirgends festwachsen und das ist auch gut so, denn sonst würden sie ihr frisches, unbelastetes Denken verlieren und aus dem Outsider würde ein Insider werden, ohne die nötige Distanz zur spezifischen Branchenexpertise, den Best Practices und dem Tagesgeschäft.
Gerade die Kombination des schwerelosen Denkens mit der Erfahrung der Etablierten birgt die wahre Sprengkraft für die Fesseln des Gestern. Wer regelmäßig Outsider temporär hereinholt, läuft nicht Gefahr, dass Erfolg zur Falle wird, sondern kann immer wieder neu säen und ernten.
Das ist unser Vorschlag für euch: In großen Unternehmen könnt ihr solche Zero Gravity Thinker beschäftigen und als interne Befruchter von Projekten und Teams umherschweifen lassen. Ihr könnt sie aber auch draußen in der Freiheit lassen und einfach projektweise hinzuziehen. Oder ihr macht es wie wir: Vereinbart regelmäßig Termine mit ihnen, um sich gegenseitig eine „Sparrings-Session“ zu liefern. Wir schwören darauf!