Was Rothirsche mit dem Papst und dem Home-Office zu tun haben

Dogmen Strategie Veraenderung - Home-Office

Was Rothirsche mit dem Papst und dem Home-Office zu tun haben

Auch die Rothirsche wurden einst durch den Eisernen Vorhang getrennt: Der Stacheldrahtzaun separierte die Population im Böhmerwald in Ost- und West-Hirsche. Natürlich wussten die Tiere nichts davon und mittlerweile ist die Grenze ja auch schon über 25 Jahre Geschichte.

Das Ende des Kalten Krieges verpasst

Doch Forscher fanden Erstaunliches heraus: Sie beobachteten die Wanderrouten der Rothirsche im Böhmerwald mit Hilfe von Funkhalsbändern über sechs Jahre hinweg. Die „West-Hirsche“ wanderten exakt bis zu einer bestimmten imaginären Grenze, nämlich genau jener Linie, an der früher der Stacheldraht die Grenze des Ostblocks markierte. Und die „Ost-Hirsche“ taten das gleiche, nur von der anderen Seite her. Keines der Tiere übertrat die heute unsichtbare Linie, die exakt mit dem Grenzverlauf übereinstimmt! Die Hirsche haben offenbar das Ende des Kalten Krieges noch nicht mitbekommen …

Spannend. Und als wir das lasen, erinnerte uns das Verhalten der Rothirsche an das Verhalten von Führungskräften in Bezug auf das Thema Arbeitszeiten und Home-Office …

Sichtbar zu sein gaukelt vor, wertvoll zu sein

Doch wirklich: Obwohl wir im 21. Jahrhundert leben und die Menschen sowohl technisch als auch kulturell selbstverständlich in der Lage sind, zeitlich und räumlich flexibel zu arbeiten, glauben die meisten Führungskräfte noch immer an die gute alte Präsenzkultur. Zwar wird das Home-Office von vielen Unternehmen als eine Art notwendiges Übel toleriert – aber noch lange nicht als selbstverständlich respektiert.

Bestätigt wird das unter anderem von Daniel Cable, der Professor für Organisationsmanagement an der London Business School ist. Er hat in gründlichen Untersuchungen festgestellt, dass es für Mitarbeiter in Unternehmen ein echter Karrierekiller ist, wenn sie viel von zu Hause aus arbeiten. Angestellte, die täglich im Büro präsent sind, werden signifikant öfter befördert. Und das nicht, weil ihre Leistungen objektiv besser wären. Sondern deshalb, weil die Führungskräfte die Leistungen der Home-Office-Mitarbeiter subjektiv als schlechter bewerten! Sie glauben, die Home-Worker seien weniger fleißig und weniger zuverlässig, obwohl das nicht stimmt. „Sichtbar zu sein gaukelt vor, wertvoll zu sein“, so Daniel Cable.

Das ist Rothirsch-Wanderverhalten in der Unternehmens-Denke. Oder anders gesagt: Ein Dogma.

Home-Office – Wissen vs. Glauben

Führungskräfte WISSEN zwar, dass Home-Office-Arbeiter nachweislich in vielen Fällen produktiver, motivierter, seltener krank und zufriedener mit der Arbeit sind (dazu gibt es viele Studien, zum Beispiel die von Prof. Nicholas Bloom von der Stanford University) – dennoch GLAUBEN sie das Gegenteil.

Dogmen – scheinbar unumstößliche Wahrheiten

Ein Dogma ist aber nicht unumstößlich. Das kannst du schon an der Geschichte des Wortes ablesen. „Dogma“ stammt aus dem Griechischen und bezeichnete früher einfach eine Annahme, eine Meinung. Dann veränderte sich die Bedeutung und es wurde als Beschluss, Entscheidung verstanden. Erst später wurde das Wort im Sinne eines Lehrsatzes verwendet, dann von der katholischen Kirche übernommen und erst dann als unumstößlicher Lehrsatz bzw. „Wahrheit“ gedeutet.

Dogmen und Überzeugungen zum Home-Office identifizieren

Da hat also mal jemand etwas gemeint, dann beschlossen, dann gelehrt und dann erst geglaubt. Genauso gut können wir die Kette aber auch wieder rückwärts gehen und dann unsere Meinung ändern und so unsere Wahrheiten besser an die Wirklichkeit anpassen!

Dabei helfen drei Fragen:

1. Welche Überzeugung teile ich? (Wer anwesend ist, arbeitet besser.)

2. Ist diese Überzeugung es wert, in Frage gestellt zu werden? (Ja. Um richtig gute Mitarbeiter zu finden und zu binden, ist ein Umdenken dringend erforderlich.)

3. Ist diese Überzeugung wirklich gültig? (Nein ist sie nicht. Die Wissenschaft beweist das Gegenteil.)

Wir brauchen Führungskräfte, die den Mut haben, sozusagen vom Böhmerwald in den Bayrischen Wald zu wandern, also die eingebildete Grenze im Kopf zu überschreiten. Das Verhalten wird es an den Tag bringen, was sie wirklich glauben. Solange sie Präsenzmitarbeiter immer noch bevorzugen, ob bewusst oder unbewusst, wirkt das unsinnige Dogma nach wie vor!

Und an alle, die noch immer bezweifeln, dass Freiraum und Selbstverantwortung Mitarbeiter produktiver machen: Lasst es uns einfach ausprobieren…

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