
Strategien, die zu den besten Lösungen führen
„Was würdest du tun, um möglichst viel Geld zu verdienen, wenn du nur fünf Dollar Startkapital und zwei Stunden Zeit hättest?“
Diese Aufgabe hat Stanford Professorin Tina Seelig ihren Studenten gestellt. In ihrem Entrepreneurship-Kurs wurden die Studenten in Teams aufgeteilt und jedes Team erhielt fünf Dollar Startkapital. Das Ziel: innerhalb von zwei Stunden das Maximum aus dem Startkapital rauszuholen und anschließend vor den Kommilitonen eine dreiminütige Präsentation über den gewählten Lösungsansatz zu halten.
Also: Auf die Plätze. Fertig. Los.
Die Vorgehensweisen, die die einzelnen Teams wählten, um ihr Startkapital zu maximieren, waren extrem unterschiedlich. Das ist wenig überraschend. Was uns aber einigermaßen überrascht hat: Die meisten Studenten scheiterten an dieser Aufgabe.
Hier ist, was wir aus den unterschiedlichen Lösungsstrategien lernen können:
1. Alles auf eine Karte zu setzen ist eine schlechte Strategie
Einige Teams hielten es für eine pfiffige Idee, alles auf eine Karte zu setzen. Sie investierten die fünf Dollar in Lotterielose oder versuchten ihr Glück in einem Online-Casino. Klar, das Versprechen der Glücksspielindustrie ist, dass man mit etwas Glück viel Geld gewinnen kann. Stimmt, aber neben ein paar kleineren oder manchmal auch größeren Gewinnen, gibt es eigentlich immer nur einen Gewinner: den Glücksspielanbieter. So war es auch in diesem Fall. Die fünf Dollar waren in allen Fällen weg. Von Maximierung keine Rede …
Merke:
Glücksrittertum ist keine Strategie.
2. Der enge Lösungsfokus ist der natürliche Feind der klügeren Lösung
Nur weil in dem Umschlag, den jedes Team erhielt, ein 5-Dollar-Schein als Startkapital lag, heißt das noch lange nicht, dass der Geldschein das richtige Werkzeug für die Lösung der Aufgabe ist. Werkzeuge können gemeine kleine Fallen sein, denn sie verengen den Blick für neue Möglichkeitsspielräume.
Schlimmer noch: Kluge Lösungsansätze, die in der Peripherie liegen, werden komplett übersehen.
Diejenigen Teams, die auf den 5-Dollar-Geldschein geschaut haben und die Aufgabenstellung unreflektiert im exakten Wortsinn übernommen haben, erzielten die schlechtesten Ergebnisse. Ihr Lösungsansatz bestand dann beispielsweise darin, für fünf Dollar günstige Produkte einzukaufen und dann zu versuchen, diese mit einem möglichst hohen Preisaufschlag innerhalb von zwei Stunden zu verkaufen. Das gelang allerdings nur mit sehr überschaubarem Erfolg.
Merke:
„Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“ – so hat es Paul Watzlawick treffend auf den Punkt gebracht. Die Werkzeuge, die wir kennen und die Werkzeuge, die vor unserer Nase liegen, können raffinierte Fallen sein. Nur weil ein Geldschein vor dir liegt, heißt das noch lange nicht, dass er das richtige Werkzeug für die Lösung der Aufgabe ist. Das Problem: In dieser Welt des Nageldenkens sind die meisten von uns groß geworden. Das haben wir in der Schule gelernt. Doch es gibt noch andere Möglichkeiten.
Also: Vergrößere deinen Blickwinkel und löse dich vom starren Blick auf die vorhandenen oder dir bekannten Werkzeuge. In diesem Sinne versteht sich auch unsere Empfehlung, die bekannten und beliebten Management-Tools mit einer gesunden Skepsis zu betrachten.
3. Kluge Problemlösungen brauchen den Perspektivwechsel
Die Teams, die deutlich mehr Geld verdient haben, waren diejenigen, die den fünf Dollar-Schein bewusst ignoriert haben. Ihnen war klar, dass dieses „Startkapital“ nichts zum Start bringt, sondern eher eine Limitierung ist.
Also formulierten sie die ursprüngliche Aufgabe um. Aus „Wir haben fünf Dollar und zwei Stunden Zeit, um fünf Dollar zu maximieren“ wurde „Wir haben zwei Stunden Zeit, um möglichst viel Geld zu verdienen.“
Mit diesem Reframing der Aufgabenstellung machten die Teams sich auf die Suche, ihre individuellen Talente möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Ein Team reparierte beispielsweise Fahrräder, ein anderes verkaufte Restaurantreservierungen.
Merke:
Wo Perspektivwechsel stattfindet, verbindet er Probleme und Lösungen. Dann führt das bewusste “Missachten” der Aufgabenstellung im buchstäblichen Sinne zum Durchblick. Durch die Neuinterpretation oder das Reframing der Aufgabe tut sich ein weites Feld an erstklassigen Möglichkeiten auf, die andernfalls gar nicht in Erscheinung getreten wären.
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4. Sich von allen Annahmen freizumachen, kann zu den besten Lösungen führen
Das Team, das das meiste Geld verdiente, stellte alle Annahmen infrage. Als sie das taten, wurde ihnen klar, dass die wertvollste Ressource weder die fünf Dollar noch die zwei Stunden waren. Das Wertvollste waren die drei Minuten Präsentationszeit vor ihren Kommilitonen.
Aus „Wir haben fünf Dollar und zwei Stunden Zeit, diese Summe zu maximieren“ beziehungsweise dem klügeren Reframing „Wir haben zwei Stunden Zeit, um möglichst viel Geld zu verdienen“ wurde „Wir haben drei Minuten Präsentationszeit. Lass uns diese Zeit verkaufen und die fünf Dollar und die zwei Stunden komplett ignorieren“.
Die dreiminütige Präsentationszeit verkaufte das Team für 650 Dollar an ein Unternehmen, das sich den Stanford-Studenten als potenzieller Arbeitgeber präsentieren wollte. Chapeau!
In ihrem Kern verdeutlicht diese Vorgehensweise den heute so dringend benötigten Paradigmenwechsel. Annahmen zu hinterfragen wird zum Stoff, aus dem sich Lösungsansätze ergeben, die uns bislang verschlossen blieben.
Die Vorgehensweise der Teams in Stanford ist zugleich auch die Spiegelung zweier Denkschulen: Die einen, die auf einfache Lösungen und die buchstabengetreue Umsetzung bauen. Und die anderen, die das bewusste Abweichen von der buchstabengetreuen Umsetzung nicht als Frevel erleben, sondern als wichtigsten Schritt hin zu neuen Problemlösungen. Genau das ist der Kernkonflikt zwischen altem Maschinendenken und neuem Denken für die Wissensökonomie.
Merke:
Wie sieht man Problemlösungen, die andere nicht sehen? Das gelingt nur, wenn du bestehende Denkmuster und scheinbare Gewissheiten loslässt. Das ist erst einmal ungemütlich, weil wir uns von alten Annahmen trennen müssen. Das löst Unsicherheiten aus.
Was wir uns aber klarmachen sollten, ist, dass das buchstabengetreue Abarbeiten von Aufgaben der Eckpfeiler des alten Maschinendenkens ist. Das funktioniert prima für Routineaufgaben – stößt aber brutal an Grenzen, wenn es um neue Problemlösungen geht. Genau dann ist es wichtig, Annahmen loszulassen, zu hinterfragen, neu zu denken. Dieses Denken in „größeren Zusammenhängen“ setzt allerdings eine Sache voraus: das zugrundeliegende Problem erst einmal präzise zu analysieren.
„Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und fünf Minuten mit der Lösung“ – soll Albert Einstein mal gesagt haben. Da ist was dran! „Wir haben drei Minuten Präsentationszeit vor Stanford Studenten, fünf Dollar und zwei Stunden Zeit, um möglichst viel Geld zu verdienen“ initiiert ganz andere Lösungsmöglichkeiten als „Wir haben fünf Dollar und zwei Stunden Zeit, diese Summe zu maximieren“.
Allerdings ist Einsteins Aussage ist keine Einladung zum ewigen Brüten über der Problemstellung. Das wäre nur eine Ausrede, um nicht ins Handeln zu kommen!
Und dann hast du wirklich ein dickes Problem!

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